Da
hat der
gestohlene Wagen als
Spannungselement und einleuchtende Erklärung für
Konrads Verhalten mittlerweile
auch beim Leser ausgedient, aber für
diese kleine Konstruktionsschwäche wird er mit komplexen
Charakterstudien reich
entschädigt - und mit einer souveränen,
rhythmisch
schwingenden Prosa,
die Konrads hilflose Suchbewegungen, Arkardijs hochsensible
Beobachtungen und
Svetlanas brüchige Gewissheiten eindrucksvoll spiegelt.
Kühl ist mit „Der wahre Sohn“ nicht nur
ein stiller, feiner Roman
über die Kluft der Lebensalter und die schwierige Suche nach
Wahrheit gelungen,
sondern auch eine literarisch beeindruckende Reflexion über
das, was Familien
trennt und was sie zusammenhält.
"Olaf
Kühl hat mit “Der wahre Sohn” einen Roman
geschrieben, der, trotz der spannenden Elemente und der Jagd nach einem
Auto,
weniger Kriminalroman ist, als ein
großer Familienroman, der
einen Blick in die
Abgründe der Familie und der ukrainischen Geschichte wirft. Es
geht um
Sehnsucht und darum, dass Sehnsucht sich irgendwann nicht mehr heilen
lässt, wenn
sie zu lange besteht. Es geht um Lücken, die sich nicht mehr
schließen lassen.
Es geht um traumatische Erlebnisse in der Kindheit, die man aufarbeiten
muss,
um weiterleben zu können. Es geht um Lügen und
Verrat, Geheimnisse und
Unwahrheiten. Es geht um die Rolle der Mutter, die hier in allen
Facetten
ausgeleuchtet wird. Die Geheimnisse der Familie von Svetlana und
Arkadij hatten
Jahrzehnte bestand, so lange, bis Konrad Krynitzki kommt und eher durch
Zufall
in eine ungeheure Geschichte hinein gerät und sich in dieser
so tief
verstrickt, dass er irgendwann nicht mehr weiß, wie er
herauskommen soll … Das
Ende des Romans ist fulminant, die Grenzen zwischen Wahrheit und
Erfindung
lösen sich auf den letzten Seiten immer stärker auf
– es ist nicht immer leicht,
diesem plötzlich rasanten Erzähltaumel zu folgen.
"Da es zu Konrads Recherche-Methoden gehört, sich sehr genau mit den Menschen zu beschäftigen, die sich im Dunstkreis des gestohlenen Objekts befinden, und diese anschließend in Konstellationen auf Papier festzuhalten, weicht er nicht von Svetlanas Seite. Die schlaue und belesene Ukrainerin mit einem Faible für Deutsche lässt sich von Konrad zwar nur schwer Informationen entlocken, findet aber Gefallen am Interesse Konrads. Dieser lernt schließlich Svetlanas Adoptivsohn Arkadij kennen, der in einer psychatrischen Klinik lebt und nur ein Ziel hat: sein früheres Kindermädchen Olha ausfindig zu machen. Konrad wird tiefer und tiefer in die Geheimnisse und Bedürfnisse dieser Familie hineingezogen und lernt dabei einiges über seine eigene Familie und sich selbst. Und irgendwie hängt auch alles, was Konrad während seiner mittlerweile unzähligen Tage in Kiew herausfindet, mit dem Mercedes 500 SE zusammen. Konrad weiß nur noch nicht genau, auf welche Weise. Während er die Puzzle-Teilchen mühsam zusammensetzt, merkt Konrad nicht, dass er selbst schon unter Beobachtung steht.
Wer denkt, dass ein Roman über ein gestohlenes Auto langweilig sein muss, irrt. Olaf Kühl versteht es, aus seinem Stoff einen Krimi zu schmieden, in dem er den Protagonisten und somit den Leser Stück für Stück Rätsel lösen lässt. Dieses langsame Enthüllen der Informationen ist sehr spannend und macht den Roman zu einem echten Page-Turner.
Was den Roman aber abgesehen davon so besonders macht, sind die psychologischen Einblicke, die man in die Roman-Figuren erhält. Sei es über Svetlana, deren Verhalten Konrad immer wieder analysiert, oder sei es ihr Adoptivsohn Arkadij, über dessen Psyche man sehr viel durch psychiatrische Gesprächsprotokolle oder auch direkte Gespräche mit (ehemaligen) ihn behandelnden Ärzten erfährt. Oder sei es über Konrad selbst, der sich regelmäßig selbst hinter- und befragt, an dessen Gedankenstrom man als Leser direkt beteiligt ist und über dessen Handlungen man ebenfalls viel über ihn erfährt. Olaf Kühl zeigt in “Der wahre Sohn” auf intensive Weise, wie die familiäre Vergangenheit einen Menschen prägt und wie schwierig es ist, aus den so entstandenen Mustern auszubrechen.
„Спражній син“
- таку назву має новий роман Олафа
Кюля. Його перший роман - „Мертві тварини“ вийшов два роки тому. Олаф Кюль
(1955 р.н.) - відомий перекладач з польської та російської
мов. Він є одним з
найкращих знавців літератури з теренів східної Європи.
На початку
книги складається враження, що читаєш
детектив, згодом - наче тримаєш у руках роуд-муві, але врешті
вияляється, що
насправді це одна, та ні, цілих дві сімейні історії. Автор ненав“язливо гортає сторінки
української історії,
сповненої катаклізмів та насильства. Водночас він не втрачає тісного
зв“язку зі
своїми героями.
Украдене авто як елемент
інтриги і ключ до
поведінки Конрада – доволі поширений і добре знайомий читачеві сюжет.
За цей
дрібний ґандж читач отримує щедру винагороду у вигляді комплексного
дослідження
різних типів характеру, суверенну, ритмічну прозу, яка чудово
відображає
безпорадні пошуки Конрада, навразливу спостережливість Аркадія та
крихку
впевненість Світлани. Це не лише неспішний, вишуканий роман про прірву
між
поколіннями та складні пошуки правди, а й переконливий літературний
аналіз
факторів, які роз“єднують та об“єднують родину.
Проте, насамперед, ця
книга– польові дослідження
української душі. Спостерігач неймовірно уважний та прихильний до
об“єкта своїх
досліджень. Цей роман – наскрізне освідчення в любові до України та
українців.
Felicitas von
Lovenberg, Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 7. Oktober
2013
Феліцітас фон
Льовенберґ, „Франфуртер Альґемайне
Цайтунґ“, 7 жовтня 2013 р.